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 Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel"

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Mini_2010

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Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel" Empty
BeitragThema: Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel"   Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel" EmptyDo Aug 09 2012, 18:51

Liebe Leser,

Die nachfolgende Geschiche habe ich vor etwa zwei Jahren einmal geschrieben. Bisher verweilte sie geduldig auf meinem Laptop. Nach langen Überlegungen habe ich mich nun doch dazu durchgerungen, sie hier im Forum zu veröffentlichen. Ich weise vorab darauf hin, dass die Geschichte Passagen enthält, die in die Kategorie FSK 16/18 gehören. Ansonsten freue ich mich natürlich, wenn sie euren Zuspruch findet. Sollte das nicht der Fall sein, wäre es schön, das zu wissen, dann würde ich davon absehen, sie fortzuführen.

Danke und viel Spaß beim Lesen.

Liebe Grüße
Mini


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Prolog
Schweden, Juni 2005


Unruhig warf er sich auf seinem Bett hin und her. Es war wieder einer jener grausigen Träume, der ihn seit Monaten verfolgten. Erschöpft und verwirrt von seiner träumenden Pein drehte er sich auf den Rücken und starrte an den weißen Baldachin, der anmutig über seinem Bett schwebte. Warum immer wieder dieser Traum? War es bald wieder soweit? Immer, wenn die Zeit drängte, mehrten sich diese seltsam beunruhigenden Träume. Und er hatte keine Zeit mehr, soviel wusste er. Und noch etwas lag in der Luft. Etwas, was er noch nicht greifen konnte, etwas, was ihn beunruhigte und sein Herz zum Rasen brachte. Keuchend stieß er den Atem aus und legte sich die Hand über seine Augen. Ein schwaches Licht drang von draußen durch die feinen seidenen Vorhänge. Mit schwirrendem Kopf erhob er sich von seinem Bett, durchquerte auf schlaftrunkenen Füßen das Schlafzimmer und trat auf den Balkon des großzügigen Hauses, welches er seit ein paar Jahren sein Eigen nannte. Er war viel herumgekommen, und einst würde der Moment kommen, dass er wieder gehen müsste. Aber noch war es nicht soweit, noch hatte er die Möglichkeit, seine Aufgabe zu erfüllen, um dem Bann zu entgehen, der auf ihm lastete. Als er damals ausgesprochen wurde, hatte er es zunächst für den kompromittierenden Versuch einer zynischen Frau gehalten. Aber er hätte es besser wissen müssen, schließlich hatte er sie bis aufs Blut gereizt. Und wenn er ehrlich war, hatte er sich auch keineswegs dafür geschämt. Seine Arroganz war ein sicherer Schild seiner virilen Selbstsicherheit, und seine Wut stärkte ihn regelmäßig, damit er nicht vergaß, dass eine Offenbarung seiner Seele ihm nur mehr Leid zuführen konnte. Wann er so geworden war, wusste er nicht mehr, und dass sie dieses Wesen an ihm hasste, gab ihm den notwenigen Nährboden, sich sicher zu fühlen – von der Welt gehasst und nur von den Allerengsten wirklich erkannt und geliebt. Im Grunde war er selbst schuld an seinem Leid, und das wusste er. Wie oft hatte er sich gewünscht, so zu sein, wie seine Geschwister, gesegnet mit der Liebe einer Mutter und dem Wissen, dass er ihr etwas bedeutete. Er wusste, dass er ihr mit diesem Wunsch unrecht tat, da sie auch ihm das gegeben hatte, was er den anderen tief in seinem Inneren neidete. Nur leider schien er für ihr Geschenk nicht empfänglich zu sein. Wie eine Krankheit war das Geschenk in seinen Händen verdorben und unbrauchbar geworden und hatte stattdessen seinen Hass und seinen Zorn geboren und stetig genährt. Am Ende war es sein innerer Gram, sein Hass allein auf sich selbst, der ihr die Schuld an seinem Unglück gab.

Sein Vater war stolz auf ihn. Als er ihn nach dem Grund gefragt hatte, hatte er gesagt, dass er besser für den Kampf geeignet wäre als sein Bruder. Er erinnerte sich, wie glücklich er über diese Anerkennung gewesen war. Und als er seinen Vater gefragt hatte, warum er das so sah, hatte dieser nur gemeint, dass er nicht das verschwenderische Herz eines Liebenden besäße. Es sei gerade soviel Gefühl in ihm, dass er seinen Feinden den Gnadenstoß gewähren würde, anstatt wie ein feiger Hund jaulend vom Schlachtfeld zu flüchten. Er besaß nicht das Herz eines Liebenden? Er war betrübt, ja sogar entsetzt darüber gewesen, was sein Vater von ihm hielt. Daraufhin hatte er sich geweigert, an seiner Seite zu kämpfen und begonnen, das Leben eines Eremiten zu führen. Hinter dem Schutzmantel der Gleichgültigkeit hatte er seine verletzte Seele vor der Welt verborgen. Niemand sollte je an sie herankommen. Mit den Jahren wurden Einsamkeit und Selbsthass seine besten Verbündeten, halfen sie ihm doch, den Panzer um seine Seele zu stählen, die das winzige Gefühlsaufkommen beinhaltete, was ihm zueigen war. Und mit der Zeit wurde er gut darin, diese kostbaren Gefühle tief in sich zu verbergen, bis sie fast gar nicht mehr zum Vorschein kamen. Nur sehr selten und meist nur dann, wenn er selbst keinen Einfluss darauf hatte, zeigten sie sich. Der sichere Panzer hatte ihn die Äonen seines Daseins über geschützt. Doch urplötzlich schien die Zeit aus den Fugen geraten zu sein. Eigentlich sollte er es als einen Segen empfinden, aber die Tatsache, dass er nicht selbst über sein Dasein entscheiden konnte, ließ diese Empfindung nicht zu. Er war ein Narr – ein kaltes Herz, was einer Seele nachjagte, die er doch nie erwärmen können würde. „Du siehst aus, als hättest du schlecht geträumt.“, vernahm er eine sanfte weibliche Stimme, gefolgt von leisem Rauschen. Er sah auf und konnte einen schwebenden Schatten am nächtlichen Himmel ausmachen. Die schöne Gestalt schwebte, getragen von anmutigen Schwingen, auf seinen Balkon. Augenblicklich verschwanden ihre schönen Flügel, die er immer bewundert hatte. „Nemesis. Was verschafft mir die Ehre deines nächtlichen Besuchs?“, erwiderte er beinahe gelangweilt. Es tat ihm leid, dass er sie so schroff begrüßte, denn er mochte Nemesis. Sie waren sich auf eine ungewöhnliche Weise sehr ähnlich. „Ich habe dich gesucht. Und du hast dich ziemlich gut versteckt. Doch dein Zorn hat dich verraten. Ich hab ihn gespürt. Du weißt doch, wie sehr ich dafür empfänglich bin.“, erklärte sie und tippte sich lächelnd gegen ihre kleine hübsche Nase. „Zornradar …“ Er lachte leise. „Ich rieche ihn … und dann bin ich da. Wer hat dir Unrecht getan?“, fragte sie mit fester Stimme, in der ein Hauch Missbilligung mitschwang.

Er schnaubte leise und winkte mit einer lässigen Handbewegung ab. „Die Kurzfassung?“, fragte er trocken. Nemesis nickte wortlos. Aus ihrem hübschen Gesicht, welches von einer dichten blonden Lockenpracht umrahmt wurde, blickten ihn zwei silbergraue Augen streng an. Er kannte diesen Blick, der ihm nur zu deutlich sagte, dass sie keine Ruhe geben würde, bevor er nicht ausgesprochen hatte, was sie zu wissen verlangte. Es war schon so lange her, seit dieser Bann gesprochen wurde, und erst jetzt fiel ihm auf, dass er Nemesis lange nicht gesehen hatte. Er seufzte indigniert. „Mein Bruder hatte einen Anfall von Geltungssucht, ich hab mich provozieren lassen und ein paar … wie soll ich sagen … Dinge laut ausgesprochen, die andere nicht mal im Stillen gedacht hätten, und sie – er sprach dieses Wort aus, als wäre es eine Krankheit – hat mich darauf hin verflucht. Nun sitze ich hier, inmitten der Zeit, die mir so unaufhaltsam durch die Finger rinnt, und bin doch nicht schlauer als gestern oder vorgestern. Zumindest habe ich schon mal gelernt, mein Schicksal selbst in die Hand zu nehmen. Alternativ droht mir ja ohnehin nur das Getuschel sensationssüchtiger Dummköpfe, und da mir das eh nicht behagt, bleibe ich, wo ich bin. Du weißt ja, Selbstmitleid war noch nie meine Stärke.“ Nemesis hob fragend die Augenbrauen. Kopfschüttelnd sah sie ihn an. „Das übliche also?“ Er nickte betrübt. Nemesis stieß ein leises Seufzen aus. „Du weißt, dass ich sie nicht für etwas zur Rechenschaft ziehen kann, was sie nicht zu beeinflussen in der Lage ist. Sie liebt dich, das weißt du genauso gut wie ich. Dass ihre Gabe in dir keine Wurzeln schlägt und Früchte trägt, ist einem höheren Schicksal zuzuschreiben.“, erklärte sie ruhig und legte ihm eine Hand auf die Schulter. Er seufzte wieder. Sein innerer Schutzpanzer war brüchig geworden, aber Nemesis konnte er vertrauen. Selbst wenn er sein Gesicht verlöre, sie würde ihn nicht verhöhnen oder verurteilen. Sie war ihm treu, wie kaum ein anderer, den er kannte. Dann sah er sie an und lächelte gemein. „Vielleicht könntest du ja meinem Bruder mal einen Denkzettel verpassen. Glaub mir, der Knabe hat es mehr als verdient.“ Nemesis lächelte zaghaft. „Ja, da gebe ich dir recht. Aber sein Hass ist ehrlich. Er empfindet keine Liebe für dich, die man als herzlos oder falsch bezeichnen könnte. Glaub mir, wenn dem so wäre, würdest du meine Rache schon bemerkt haben.“ Jetzt grinste sie breit. Er bedachte sie mit einem gequältem Lächeln, und Nemesis hob ihre Hand, um ihm zärtlich über seine Wange zu streichen. „Du bist mir unter all denen Unsrigen der Liebste, mein schöner dunkler Engel.“, raunte Nemesis.

Er sah auf sie herab und verzog mürrisch das Gesicht. Er hasste es, wenn sie ihn so nannte. Er war kein Engel, doch Nemesis schien die Tatsache allein, dass er Flügel besaß – die er so gut wie nie zeigte, geschweige denn, benutzte – zu genügen, ihn regelmäßig damit aufzuziehen. Er sah sie tadelnd an, doch sie grinste nur verschmitzt zurück. „Du bist, was du bist. Wir zwei sind uns in manchen Punkten so ähnlich.“, erklärte sie feierlich. „Eigentlich ein perfektes Paar.“ Sie machte sich nicht die Mühe, das schelmische Grinsen zu verbergen. „Ja, das ist dein Glück. Andernfalls hätte ich dich schon längst übers Knie gelegt und dir den Hintern versohlt.“, knurrte er leise.“ Nemesis grinste noch breiter, trat näher zu ihm und stellte sich auf die Zehenspitzen. Dann legte sie ihre Arme um seinen Nacken und zog ihn zu sich hinunter. Ihre Lippen an seinem Ohr jagten ihm einen kurzen Schauer über den Rücken. „Mein schöner Engel, komm, lass uns die Nacht ein wenig unsicher machen.“, säuselte sie. Er sah sie argwöhnisch an. „Ich weiß nicht …“ Er wollte sich aus ihrer Umarmung lösen, doch sie hielt ihn fest. „Komm, ich weiß dass du das nicht magst, aber es ist jetzt genau das, was du brauchst. Und morgen stellst du dich wieder deinem Leben. Glaub mir, auch das Schicksal braucht mal eine Pause.“, meinte sie leichthin. Er zögerte einen Moment und sah sie schweigend aus traurigen Augen an. „Also gut, kleine Schwester. Nur für dich.“, flüsterte er mit einem kleinen Lächeln. Dann wuchsen zwei wunderschöne mitternachtsschwarze Flügel aus seinem Rücken, und Nemesis’ Augen leuchteten begeistert auf. Dann stießen sie sich von dem Balkon seines Schlafzimmers ab und entschwanden gemeinsam lautlos in der Nacht. Eine Weile streiften sie durch die Gegend, bis sie sich auf einer kleinen unbewohnten Insel nahe einem Fjord an der Schwedischen Küste niederließen und in die Magie des Midsommar fühlten. Er liebte diesen Moment im Jahr, an dem der Sommer gefeiert wurde. Die Sommersonnenwende und der Beginn der weißen Nächte. Er sah zum Himmel auf. Das Zwielicht des Midsommar ließ die Sterne in einem anderen Glanz funkeln. Sterne. Ein leises Seufzen entwich seinem Inneren. Sie hatten etwas mit ihm gemeinsam. Sie waren genauso weit entfernt wie er von seiner Erlösung.


Zuletzt von Mini_2010 am Do Aug 30 2012, 20:39 bearbeitet; insgesamt 3-mal bearbeitet
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BeitragThema: Re: Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel"   Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel" EmptyDo Aug 09 2012, 19:06

Sieben Sorten sollst du pflücken, sieben Arten wilder Blumen, auf sieben verschiedenen Wiesen. So lautete der Brauch am Mittsommerabend für alle unverheirateten Mädchen. Auch sie wollte an diesem Brauch teilnehmen. Die Legende erzählte, dass ein unverheiratetes Mädchen, welches sieben verschiedene wilde Blumen auf sieben verschiedenen Wiesen in der Mittsommernacht pflückt und diese unter ihr Kopfkissen legt, in derselben Nacht von demjenigen träumt, den sie eines Tages einmal heiraten wird. Natürlich fieberte jedes Mädchen in ihrem Umkreis diesem Brauch entgegen. Früher hatte sie Abstand von diesem Ritual genommen. Warum, wusste sie selbst nicht so genau. Vielleicht war es einfach nur die Angst, wohlmöglich ein anderes Gesicht zu sehen, als das jenes geliebten Menschen an ihrer Seite. Nein, sie wollte ihr Schicksal nicht von einem Traum abhängig machen. Also war sie damals mit Nathan auf das Fest gegangen und hatte jedem stolz gezeigt, was für ein traumhaftes Paar sie waren – und das auch ohne Blumen unterm Kopfkissen und halbgarer trügerischer Träume. Man interpretierte ohnehin zuviel in sie hinein, und an die meisten konnte man sich nun sowieso nicht erinnern. Doch jetzt, nachdem Nathan sie verlassen hatte und der Zweifel immer stärker an ihr nagte, vielleicht niemals zu heiraten und eine Familie zu haben, war sie erpichter denn je. Sie war allein in dieser Mittsommernacht, der letzten, die sie erleben würde, denn ihre Pläne für die Zukunft waren geschmiedet und unverrückbar. Sie näherte sich dem Ort, an dem der jährliche Brauch seinen Anfang nahm. Sie fühlte sich unsicher unter ihresgleichen, und sie bemerkte die verstohlenen mitleidigen Blicke, die sie als das abstempelten, was sie war – ein Mädchen, was sitzengelassen wurde. Sie versuchte, die Blicke und das Getuschel zu ignorieren und gesellte sich zu den Mädchen, die den Brauchtum liebten, jedoch um des Brauchtums willen, nicht wie sie wegen des Glaubens, in diesem Hokuspokus eine Erleuchtung zu finden. Doch das war nicht der alleinige Grund. Vorrangig hatte sie es satt, allein zu sein, von der Welt gemieden und mitleidig belächelt. Es war eine willkommene Ablenkung und wenn dieses Spiel etwas dazu beitragen könnte, dass sie sich besser fühlte, wäre ihr das nur Recht.

Sie ließ ihren Blick schweifen. Das Midsommarfest war eines der wichtigsten Feste in Schweden. Der ganze Ort war versammelt. Sie kannte alle diese Leute, mit denen sie einen Teil ihres Lebens verbracht hatte. Ihr Blick fiel auf Nathan, der neben seinen Eltern stand. Ein schmerzlicher Stich in ihrem Herzen ließ sie leise aufkeuchen und sie wandte den Kopf ab, in der Hoffnung, der Schmerz würde kleiner, wenn sie Nathan nicht sah. Als die Sonne ihre letzten Strahlen über den Horizont schickte und für wenige Stunden von einer halbdunklen Nacht abgelöst wurde, zog sie mit den anderen Mädchen los. Das helle Lichtband am Horizont wies ihr den Weg und führte sie in die frischen nach Sommer duftenden Wiesen. Schon bald würden die Nächte noch kürzer werden und die Sonne sogar für ein paar Tage gar nicht untergehen. Ein schwacher Trost, im Vergleich zu dem langen dunklen Winter, der die zweite Jahreshälfte beinhaltete. Doch das war ihr gleich. Ihre Zeit hier war beinahe abgelaufen. Noch wenige Wochen und sie würde Schweden für immer verlassen. Es dauerte nicht lange und sie war allein unterwegs. Sie brauchte nur eine Stunde, bis sie alle Blumen gesammelt hatte. Eilig trat sie den Heimweg an, legte den Strauß unter ihr Kopfkissen, schüttelte kurz den Kopf ob ihres kurzweiligen Abdriftens in den Aberglauben, und legte sich schlafen. Lange lag sie wach und dachte über ihr Leben nach. Sie war verrückt, dass sie sich so weit hatte treiben lassen, dass sie sich jetzt noch von abergläubischen Erzählungen beeindrucken ließ. War sie wirklich so tief gesunken? Was soll’s, schaden kann es nicht. Und wenn sie nichts träumte, dann wusste sie zumindest, dass sie sich ihren Zukünftigen frei wählen würde können. Und wenn es doch Nathan wäre? Sie bemerkte kaum, wie der Schlaf ihr das Bewusstsein nahm und sie hinweg glitt in eine Welt, in der sie sich augenblicklich wohler fühlte ...

Das Licht blendete sie, und der Raum um sie klang hohl. Ein leises Rauschen war zu vernehmen. Sie lag auf dem Rücken, dann öffnete sie die Augen und blinzelte kurz. Ganz allmählich gewöhnten sich ihre Augen an das Licht. Sie richtete sich auf und sah sich verblüfft um. Wenn das hier die Anmeldestelle für zukünftige Traummänner war, war sie schwer enttäuscht. Denn hier gab es rein gar nichts – außer Licht. Erneut war ein Rauschen zu hören und sie sah sich wieder um, konnte jedoch nichts erkennen. Sie blinzelte abermals und versuchte, in der Ferne etwas auszumachen. Da! In weiter Entfernung glaubte sie, etwas zu sehen. Eine verschwommene Silhouette, die ganz langsam näher kam. Ganz still blieb sie sitzen, starrte auf die Gestalt, deren Konturen sich langsam zu verfestigen begannen. Doch noch immer war sie zu weit weg, konnte nichts Genaues erkennen. Vielleicht sollte sie ihr entgegen laufen …, dachte sie. Hastig sprang sie auf und lief der Gestalt ein paar Schritte entgegen. Doch plötzlich blieb ihr Gegenüber stehen und verharrte auf seiner Position. Warum kam die Gestalt nicht näher? Instinktiv blieb sie selbst ebenfalls stehen. Nun bewegte sich die Gestalt weiter auf sie zu und plötzlich war es, als würde die Silhouette durch einen Nebelwand brechen. Die Konturen waren klar und deutlich zu erkennen. Na ja, wenigstens ein Mann, … dachte sie erleichtert und musste selbst über ihre Gedanken lachen. Zehn Meter vor ihr blieb er stehen. Warum? Warum kam er nicht näher? War er vielleicht doch nicht der Richtige? Sie wollte schon einen Schritt nach vorn machen, als der Fremde plötzlich eine Hand hob und ihr signalisierte, nicht näher zu kommen. Dann hob er den Kopf und sie konnte undeutlich Gesichtszüge erkennen. Soweit sie ihn erfassen konnte, würde sie sagen, dass er gut aussah. Seine Erscheinung war dunkel, aber das störte sie seltsamerweise nicht. Der Fremde legte den Kopf schief und schien sie zu mustern. Dann sah er sie an – zumindest glaubte sie das. Sie wollte mehr erkennen, aber es gelang ihr einfach nicht, ohne näher zu kommen. „Wer bist du?“, fragte sie, ohne darüber nachzudenken. Er sah auf und ihr direkt in die Augen. Sie waren blau oder grau. Oder vielleicht doch eher grün? Sie konnte es nicht genau erkennen. Lächelte er etwa? „Ich werde dich finden … Helena.“, sagte eine warme sanfte tiefe Stimme. Sie schloss die Augen und erschauerte ob dem wunderschönen Klang ihres Namens in seiner Stimme. Doch nicht nur der Klang verwunderte sie. Woher wusste er ihren Namen? Sie öffnete die Augen, aber er war verschwunden …

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BeitragThema: Re: Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel"   Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel" EmptyDo Aug 09 2012, 19:17

Als Nemesis unerwartet gerufen wurde und ihren gemeinsamen Ausflug beendete, trat er einen Weg an, vor dem er sich schon seit Tagen fürchtete. Doch es war Zeit, und das wusste er. Reglos stand er vor dem hübschen Haus, welches er seit Monaten beobachtete – zusammen mit seiner Bewohnerin. Er schlüpfte durch ein Doppelfenster im oberen Stock, welches des Nachts immer offen stand. Sie ist einfach zu leichtsinnig. Es war kurz nach zwei Uhr Nachts und ein angenehmer milder Wind bauschte die langen Vorhänge vor dem offenen Schlafzimmerfenster, als er in ihren Schatten tauchte. Das Wetter war noch einmal unbeständiger geworden. Die Temperaturen waren seit einiger Zeit wieder ein wenig gefallen. In ein paar Tagen würde es Regen geben. Der Schein einer Straßenlaterne, welches im abstrakten Kontrast zu dem hellen Lichtband am Horizont stand, drang durch die Öffnung der Vorhänge und malte einen hellen Streifen gelbes Licht auf den Boden. Ein Hund aus der Nachbarschaft bellte in seinem Zwinger und schreckte ein paar Vögel auf, die wild kreischend aus den Bäumen in die Luft stoben. Und er stand hier im Halbdunkel eines Schlafzimmers, welches er beinahe besser kannte als sein eigenes. So oft war er schon hier gewesen. Ohne dass sie es bemerkt hätte. Das Zimmer war nicht groß und nicht klein, hatte genau die richtige Größe für ein Bett ein paar Schränke und einen bequemen alten, äußerst hässlichen grünen Sessel. Sanftes Licht fiel auf das große Bett, und die aufgetürmten Kissen und Decken warfen scharfe kalte Schatten auf die hellen Laken. Seit geschlagenen zwanzig Minuten starrte er auf das Bett, beobachtete das leichte Heben und Senken des Körpers, der sich darunter befand und schlief. Ein leiser Seufzer durchbrach die sanfte Stille des tröstlichen Halbdunkels, und er trat augenblicklich tiefer in die Schatten neben dem Fenster. Was tat er hier? So lange schon folgte er ihr. Wo immer sie auch war, er war dort. Doch es war nicht richtig, so wie es war. Er hatte es diesmal völlig falsch angefasst. Würde die Zeit noch ausreichen für einen Neuanfang? Zwei grünlich leuchtende Punkte huschten plötzlich über den Fußboden und verschwanden mit einem fauchenden Geräusch unter dem Bett, von wo aus sie ihn bedrohlich anfunkelten. Ein argwöhnischer Kater namens Bastet. Wie treffend. Er wusste, dass sie eine Vorliebe für Mythologie hatte – und zwar für sämtliche, die es auf dieser Welt gab. Er bedachte Bastet mit einem strengen Blick, woraufhin sich der Kater unter dem Bett zusammenrollte und zu schnurren anfing. Er seufzte leise. Nun musste er tun, wofür er gekommen war. Er hasste solche Momente. Genauso wie er den Moment gehasst hatte, als es auch diesen unschuldigen Jungen getroffen hatte. Es gefiel ihm nicht, dass er ihm die Erinnerungen hatte nehmen müssen. Aber es wäre einfach nicht richtig gewesen. Nicht richtig für sie.

Dieser Junge hatte sie vergessen müssen, damit sie ihn ebenso schnell und vor allem leichter vergessen konnte. Er hatte sich gefragt, warum er nicht einfach ihre Gedanken an ihn auslöschte, aber dann hatte er erkannt, dass sein Leben zu sehr mit ihrem verwoben war, als das es keine fraglichen Lücken in der Erinnerung gegeben hätte. Der Unfall, der überaus tragisch war, war ihm gerade recht gekommen. Eine temporäre Amnesie nach einem vorübergehenden komatösen Zustand war nicht ungewöhnlich bei Unfallopfern, ebenso wie die Tatsache, dass manche Erinnerungen nach einem solchen Unfall gänzlich verborgen blieben. Er sah es als Wink des Schicksals, das ihm seine Mission erleichterte. Lautlos trat er an das Bett heran und blickte auf sie herab. Sie sah wunderschön aus, anders als er sie in Erinnerung hatte. Ganz anders als damals. Das Schicksal hatte bestimmt, dass sie zusammenfinden sollten. Warum nur gelang es nicht? Vielleicht stellte er sich einfach zu ungeschickt an, um es so in die Wege zu leiten, dass es klappte. Früher hatte ihm das nicht solche Schwierigkeiten bereitet. Ja, damals war auch alles anders. Wieder seufzte er, ließ seinen Blick über die schlafende Gestalt gleiten, bevor er sich zu ihr auf die Bettkante setzte. Ein sanfter unbekannter Geruch störte seine Ruhe. Irritiert sah er sich um und versuchte, den Geruch auszumachen, als sein Blick auf ihr Kissen fiel. Er lächelte leicht. Glaubte sie an so etwas? Innerlich seufzte er und wünschte sich, er wäre es, der ihr in ihren Träumen begegnete. Aber Träume konnte man nicht beeinflussen. Nicht mal er vermochte das. „Wir werden uns wieder begegnen, schon bald …“, murmelte er leise. „… aber dafür musst du mich vergessen. Es ist einfach zu viel falsch gelaufen.“, flüsterte er leise vor sich hin. Vermutlich wäre es ihr sogar recht gewesen, wenn er den ersten Teil seiner Aussage nicht ausgesprochen hätte. Sie hatten tatsächlich einen schwierigen Start. Aber es gab keine andere Möglichkeit. Das Schicksal sah nur diesen Weg vor. Vorsichtig strich er mit seinen Fingern über ihr Haar. Es war weich und seidig. Wie oft hatte er sich gewünscht, es berühren zu können? Ihre Lider flackerten leise, ihre Lippen bebten und für einen Moment war er gewillt zu flüchten. Sie sollte ihn nicht sehen, falls sie aufwachte – nicht hier. Zart berührte er ihre Stirn. Dann schloss er die Augen. „Ich werde dafür sorgen, dass du mich vergisst.“ Ein warmer sanfter Lichtschein glomm an seinen Fingerspitzen und erhellte die Haut, die sie berührten. Drei Sekunden lang … dann war es vorbei. Er erhob sich genauso lautlos, wie er sich zu ihr gesetzt hatte und starrte auf das schlafende Mädchen. „Ab morgen wird alles anders“, flüsterte er. Dann tauchte er in die Schatten des Zimmers zurück und verschmolz mit der Dunkelheit.

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BeitragThema: Re: Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel"   Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel" EmptyDo Aug 09 2012, 19:54

Wow, Mini das ist echt klasse und hervorragend geschrieben...
Ich bin gespannt, was alles noch so passieren wird.
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BeitragThema: Re: Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel"   Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel" EmptyDo Aug 09 2012, 20:12

Ich bin begeistert Mini, das ist echt wunderbar geschrieben.!!
Freue mich wenn du weiter schreibst.
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katha

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BeitragThema: Re: Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel"   Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel" EmptyDo Aug 09 2012, 22:49

Hallo Mini-Maus,
schön, dass du dich entschlossen hast deine Geschichte zu posten. Very Happy
Und glaub mir, du musst nicht nervös sein. Du machst mich und vermutlich auch die anderen Leser nervös, weil du mich sogleich in den Bann ziehst. Rolling Eyes
Der erste Teil ist interessant, viel und wahrscheinlich steckt da unheimlich viel drin, was sich erst im Laufe der Story so richtig erklärt. Er erklärt und wirft gleichzeitig Fragen auf. Hat auf jedenfall total neugierig auf den Typen gemacht. Was ist ihm passiert? Wer und was ist er? Was treibt ihn... .
Der zweite und der Dritte führen einen dann langsam heran an die Handlung, wunderbar beschrieben und auch das macht neugierig auf mehr.

Mini, ich bin echt begeistert und freu mich darauf, dass sich die Story entwickelt.
Mehr gibts dann beim nächsten mal!!! Wink

Liebe Grüße vom Katha-Schatz
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Mini_2010

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BeitragThema: Re: Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel"   Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel" EmptyFr Aug 10 2012, 08:02

Danke, Danke, Danke ... das erleichtert mich jetzt ein bisschen, dass euch der Beginn (Ist übrigens nur erstmal der Prolog Wink ) anspricht. Ich bin gespannt, mindestens genauso sehr wie ihr. Smile

Liebe Grüße, Mini
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BeitragThema: Re: Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel"   Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel" EmptyFr Aug 10 2012, 08:16

So, da will ich euch auch gar nicht so lange mit der Fortsetzung warten lassen. Viel Spaß, hoffe, es gefällt Wink

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Paris, vier Jahre später

Teil 1


Es gibt Momente im Leben, da läuft einfach alles schief. Das wäre in jedem normalen Leben auch keine Besonderheit gewesen, solange diese Momente nur von kurzweiliger Dauer waren. Helena allerdings war davon überzeugt, dass das Leben ausgerechnet bei ihr seine gesamte Ladung an Pech abgeladen hatte. Die Tragik ihres Daseins schien einem dauerhaften Epos zu entspringen, in dem sie die alleinige Hauptrolle spielte. Und während die Nebenfiguren in diesem Epos vom Glück eines normalen Lebens beschenkt wurden, schien eine höhere Macht eines Tages entschieden zu haben, sie zukünftig von den positiven Lichtblicken einer Existenz auszuschließen. Alles begann mit jenem unglückseligen Tag, als zwei harmlos wirkende Polizeibeamte vor ihrer Haustür erschienen und mit dem Vorwand um Einlass baten, sie hätten ihr eine weniger erfreuliche Nachricht zu überbringen. Die danach folgenden Minuten definierte sie als den Auftakt einer höllischen Achterbahnfahrt in ihrem bis dato glücklichen Leben. Wieder und wieder hatte sie die Worte in ihrem Gedächtnis abgespult, die ihr den sprichwörtlich sicheren Boden unter den Füßen weggerissen hatten. Seitdem war nichts mehr wie es einmal war. Sie war gerade fünfzehn gewesen, als sie erfahren musste, dass ihre Eltern auf einer Südseereise von einem Bootsausflug nicht mehr zurückgekehrt waren. Lange hatte Helena die Ansicht verfolgt, dass es sich nur um ein Missverständnis handeln konnte, und auf die Rückkehr ihrer Eltern gewartet. Nach zwei Monaten stetigen Wandelns zwischen Bangen und Hoffen hatte sich die leise Gewissheit in ihre Seele geschlichen, dass die Aufrechterhaltung einer Hoffnung ohne sichtbare Hinweise auf eine anders lautende Realität vergleichbar war mit der Verleugnung einer Tatsache. Diese Gewissheit zuzulassen hatte an ihrer Seele gerissen und eine unendliche Traurigkeit heraufbeschworen. Als Folge dessen hatte sie sich tagelang verkrochen und ihrem Kummer freien Lauf gelassen. Sie hatte viele Tränen gehabt, die sie weinen konnte, doch irgendwann war diese Emotion einer wachsenden Lethargie gewichen, die ihr die Freude am Leben genommen hatte. Zwei Jahre hatte es gedauert, das Schicksal zu akzeptieren, und Helena hatte sich oft gefragt, ob sie schneller mit dem Verlust ihrer Eltern fertig geworden wäre, wenn sie nicht nur für tot erklärt worden, sondern es tatsächlich gewesen wären. Immer wieder überkam sie diese tiefe Ironie, wenn sie am Grab ihrer Eltern stand. Denn sie wusste, dass sich keine sterblichen Überreste darin befanden. Stattdessen fragte sie sich immer wieder in stillen Momenten, ob sie tatsächlich noch lebten.

Mit der Zeit entwickelte sie einen regelrechten Hass auf ihre Eltern, weil eine sardonische Stimme ihr andauernd einredete, sie hätten sie absichtlich verlassen und auf grausame Weise ihren Tod vorgetäuscht, um sich nicht mehr mit ihr abgeben zu müssen. Das war natürlich ausgemachter Schwachsinn. Helena wusste das, denn ihre Eltern liebten sie über alles … hatten sie über alles geliebt. Aber zu denken, dass es anders war, stählte den Panzer, den sie um ihre Seele legte und diese damit vor Verletzungen jeglicher Art schützte. Sie wünschte sich Normalität und Ruhe – eigentlich nicht zuviel verlangt – aber das Leben meinte es nicht gut mit ihr. Ziemlich genau zwei Jahre nach dem vermeintlichen Tod ihrer Eltern schloss ihre geliebte Granny die Augen – für immer. Nach dem Verlust ihrer Eltern war sie die Einzige, die ihr noch geblieben war. Ihr Anker und ihr sicherer Hafen. Orientierungslos wie ein Boot auf dem Ozean trieb sie erneut wochenlang in einem Zustand zwischen Traum und Realität. Katatonisch hatten die Ärzte es genannt, als Helena sich nur noch zu Hause vergraben hatte. Sprechen war zur Seltenheit geworden, ebenso wie Lachen, Weinen oder anderweitige emotionale Regungen. Konnte Trauer einem das Leben nehmen? Erst Nathan hatte wieder Licht in ihr Leben gebracht. Er war es, der ihr den Weg aus der Lethargie und den traumatischen Katakomben ihres Bewusstseins vor Augen geführt und ihr den Sinn ihres Lebens zurückgegeben hatte. Ja, der Aufstieg aus ihrer eigenen Hölle, in der ihre Dämonen sie festhielten, war wie das berühmte Licht am Ende des Tunnels, das man sah, wenn man aus einer langen Finsternis auftauchte. Es war magisch und unwiderstehlich und es zog sie an. Doch als sie es erreichte, versetzte ein unerwarteter Stoß sie wieder zurück in die Dunkelheit – einer Dunkelheit samten, warm und zeitlos … und ohne ein Licht am Ende. Lange kämpfte sie und als das Dunkel einem heller werdenden Grau wich, fasste sie allen Mut, um ans Licht zurück zu finden. Im zähen Teer des Selbstmitleids zu siechen brachte sie nicht weiter im Leben. Also drängte sie ihre Dämonen zurück in den entlegendsten Winkel ihrer Seele und schloss ihren imaginären Panzer darum. Diesen Teil ihrer Seele würde sie auf ewig in die Dunkelheit verbannen und ihm keine Rückkehr ins Licht gewähren. Sie hatte begriffen, dass sie das Schicksal nicht ändern konnte und begonnen, sich damit zu arrangieren und sich auf dem Fluss des Lebens nicht mehr nur treiben zu lassen, sondern die Ruder in die Hand zu nehmen, um selbst zu bestimmen, wohin ihr Weg sie führte. Das gab den Ausschlag, ihrer ursprünglichen Heimat Schweden den Rücken zu kehren, nachdem sie die Schule abgeschlossen hatte.

Es gab nichts, was sie hier hätte halten können. Freunde hatte sie einst viele gehabt, aber nur wenige waren tatsächlich das gewesen, wofür sie sie stets gehalten hatte. Und die wenigen, die ihr geblieben waren, waren mit dem Ende der Highschool auch aus ihrem Leben verschwunden – wie alles, was irgendwann verging. Hatte sie früher tatsächlich immer geglaubt, dass Freundschaft etwas Beständiges wäre? Nein, ein paar hundert Kilometer und ein paar Monate reichten aus, um auch die letzten Spuren ihrer Vergangenheit unwiederbringlich auszulöschen. Und das war auch gut so. Ein sauberer Schnitt wirkte manchmal wahre Wunder und war besser, als mühsam alte Wunden zu flicken. Ein neues Epos mit neuen Nebenfiguren und neuen Schauplätze und einer neuen Handlung wartete darauf, geschrieben zu werden. Die erste Seite war aufgeschlagen, die Geschichte konnte beginnen. Einzig ihre Leidenschaften, die sie jedoch lange Zeit weggesperrt hatte, hatte sie im Stillen mitgenommen und ließ sie mit dem weiteren Voranschreiten der Zeit wieder zu. Sie weckten Erinnerungen, die der positiven Art. Erinnerungen, die sie mit ihrem neuen Leben verbinden würde. So begann sie nach und nach wieder ihre Kreativität auf die Leinwand zu bannen oder in Ton fließen zu lassen. Und Helena erkannte, dass dies die beste Therapie war – besser als jedes Gespräch, besser als jeder erzwungene Trip in die Vergangenheit. Und sie fühlte, wie sie wieder die Herrschaft über ihr Schicksal zurück gewann und die zarte Pflanze des Glücks erneut Blüten zu treiben begann. Und dann traf sie eine Entscheidung. Sie würde ihr Leben mit nichts verschwenden, was sie verabscheute, nur damit sie für den Rest ihres Daseins über die Runden kam. Sie wollte alles anders machen, anders als ihre Eltern, anders als sonst jemand, der sie in ihrem Leben einst begleitet hatte. Sie liebte die Kunst, und auch wenn jeder prophezeite, dass sie in den meisten Fällen brotlos verlief, sie würde davon leben können. Sie würde alle Hebel in Bewegung setzen und ihren Traum wahr werden lassen. Das war sie sich selbst schuldig. Ihre Träume über ihre Zukunft entsprangen nicht denen der klassischen Kleinmädchenträume. Schon immer war sie bodenständig gewesen und hatte das Leben realistisch gesehen. Natürlich ließ sie sich auch von Träumen und Wünschen leiten, aber sie hatte früh begriffen, dass Träume Wünsche blieben, wenn man nicht den Mut fasste, sie als reale Möglichkeit zu sehen. Wenn man sich vor dieser Realität scheute, blieben es eben nur geistige Visionen.

Wo andere sich in den haltlosen Wünschen eines Prinzessinendaseins flüchteten oder sich auf die Leinwände dieser Welt träumten, hatte Helena seit jeher ihre Zukunft in der Kunst gesehen. Seit sie zehn war, hatte sich ein einstiger Wunsch zu einer regelrechten Leidenschaft entwickelt. Ihre Eltern unterstützten sie dabei, auch wenn sie sie stets dazu mahnten, in der Realität zu bleiben. Auch sie hatten ihre Zukunftswünsche für unhaltbare Träumereien gehalten. Was sie wohl sagen würden, wenn sie wüssten, welchen Weg sie für sich gewählt hatte? Direkt nach der Schule hatte sie alle Zelte in Schweden abgebrochen und war an der Pariser Sorbonne angekommen, um Kunst zu studieren. Sie hatte lange und hart daraufhin gearbeitet und schlussendlich sogar ein Stipendium erhalten. Es war nicht so, dass sie es nötig gehabt hätte, schließlich war sie durch das Erbe ihrer Eltern unabhängiger als die meisten ihrer Mitstreiter. Aber Leistung sollte sie voranbringen, nicht das vorhandene Kleingeld. Und so hatte sie sich in Bescheidenheit geübt und war auf dem Teppich geblieben, wo andere vielleicht die Möglichkeiten vollumfänglich ausgenutzt hätten. Wer weiß, wofür es gut ist, war zu ihrem Lebensmotto geworden, und sie würde sich selbst in den Hintern treten, wenn sie so leichtfertig mit den tröstlichen Früchten ihres Schicksals umgehen würde. Im Geiste war sie darauf fokussiert, ihre Eltern glücklich zu machen – wo immer sie jetzt auch waren. Sie erinnerte sich, wie glücklich sie war, als sie die Bestätigung in der Hand hielt, auf dieser renommierten Uni studieren zu können. Für einen kurzen Moment war sie betrübt gewesen, dass es niemanden mehr gab, der sich mit ihr hätte freuen können. Sie hatte immer vorgehabt, zusammen mit ihrer großen Liebe Nathan nach Paris zu gehen. Doch dann war auch er aus ihrem Leben verschwunden. Das hatte den Abschied schlussendlich auf tragische Weise noch leichter gemacht. Paris war eine ganz andere Welt, und sie sehnte sich danach, all die schönen Seiten der Stadt der Liebe zu sehen. Den Sonnenuntergang über der Seine, Notre Dame, den Eiffelturm und natürlich ganz besonders den Louvre. Paris war ideal für eine Kunstliebhaberin wie sie. Wie gut doch so ein endgültiger Schlussstrich manchmal tat …

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BeitragThema: Re: Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel"   Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel" EmptyFr Aug 10 2012, 08:32

Teil 2


Ein stechender Schmerz riss Helena aus ihren Tagträumen. Sie brauchte einen Moment, um zu realisieren, dass Beth, die neben ihr saß, ihr soeben unsanft ihren Ellbogen in die Rippen gerammt hatte. „Oh Mann, was würde ich darum geben, deine Fähigkeiten zu haben.“, seufzte sie sehnsüchtig neben ihr. Helena tauchte in die Realität zurück und starrte Beth fragend an. „Was?“, flüsterte sie, da sie noch immer in Madame Petites Vorlesung zur Geschichte der Kunst im Mittelalter saßen. „Mit offenen Augen am helllichten Tag träumen zu können, ist eine Gabe, um die ich dich regelmäßig beneide.“, erklärte sie voll falscher Anbetung. Helena riss die Augen auf und starrte sie an. „Meine Güte, ich hab dich bestimmt zehnmal angeschubst, aber du hast gar nicht reagiert.“ Sie grinste breit und beugte sich näher zu ihr. „Also, sag schon, … wer ist es?“ Helena wollte etwas erwidern, ließ es aber schließlich sein. Seit Tagen lag ihr Beth in den Ohren, welchen der vielen Jungs sie hier anbetete. Sah es wirklich so aus, als würde sie jemanden anbeten? Und nur weil sie gelegentlich ein wenig abwesend war, musste das noch nicht zwangsläufig etwas mit dem anderen Geschlecht zu tun haben. Sie war jetzt fast vier Jahre hier und Beth war die Einzige, die sie von Anfang an kannte. Beth - eigentlich Elisabeth, aber sie hasste es, wenn man sie so nannte - war traumhaft. Ihre mitreißende Weise hatte Helena am Anfang verunsichert, aber ihre freundliche offene Art war ihr von Anfang an symphatisch. Eigentlich hatten sie nichts gemeinsam, außer ihrer Liebe zur Kunst. Und einzig die Tatsache, dass Helena mit konsequenter Sorgfalt einen Riegel vor ihrer Vergangenheit hielt, machte sie zu ungleichen Parteien. Während Beth keine Sekunde damit gezögert hatte, ihr ganzes Leben – inklusive detaillierter Vergangenheit und fundierter Zukunftsvorstellungen – vor Helena auszubreiten, hatte Helena nur zögerlich über diese Aspekte ihres Lebens berichtet. Den dunklen Teil in ihrer Seele, der sicher verbannt in ihr schlummerte, hatte sie gleichsam einer Verstärkung des Panzers unterzogen. Doch Beth war nicht aufdringlich, so wie man es von einem Mädchen wohl erwartet hätte, im Gegenteil, sie schien eine Meisterin darin zu sein, unwillkürlich Helenas Grenzen zu erkennen. Neben dieser sensiblen Art, die Beth an den Tag legte – von der Helena nicht sicher war, ob Beth sich dessen bewusst war – war ihre Freundin schlichtweg verrückt. Also verrückt auf eine liebenswürdige Weise. Und mit ihrer liebenswerten Art verkörperte sie jene Art Mädchen, die ein Gespür für die ausgewogene Mischung zwischen spontaner Unternehmenslust und passioniertem Nichtstun hatte.

Beth war durch und durch positiv, ein lebensbejahender Mensch, der einen Blick für die inneren Werte eines Wesens hatte. Helena erinnerte sich, wie Beth an ihrem ersten Tag auf sie zugekommen war, als sie den Saal zur ihrer ersten Vorlesung gesucht hatte. Ihr Lächeln und ihre offene Art hatte sie sofort für sich eingenommen. Helena war Beth damals dankbar gewesen, denn sie hatte ihr den Einstieg maßgeblich erleichtert, und sie war unabsichtlich zu ihrem Anker geworden, der ihr die Sicherheit zurückgab, die sie längst verloren geglaubt hatte. Eine echt perfekte Freundin. Das einzig Nervige war nur, dass Beth krankhaft neugierig war … vor allem was Helenas Beziehungen zum anderen Geschlecht betraf. Ein Faktum, welches Helena veranlasste, in neue Sphären hinsichtlich Ausreden und Ablenkungen zu steigen. Sie hatte diese Fähigkeiten nahezu perfektioniert, und Beth begegnete ihr jedes Mal mit einem mürrischen Schmollen. Sie nahm es Helena nicht übel, denn insgeheim respektierte sie ihre Privatsphäre. „Wen meinst du?“, fragte Helena mit gespieltem Unwissen. Beth verdrehte theatralisch die Augen. „Meine Güte, mit Stephen das ist jetzt seit über einem Monat vorbei. Die Trauerphase sollte eigentlich überstanden sein, vor allem wenn man mal bedenkt, wie unprofessionell der Typ dich abserviert hat.“ Ja, Stephen …, auch so ein deprimierendes Kapitel in ihrem Leben, in dem das Pech wie ein unheilvolles Damoklesschwert über ihr zu schweben schien. Wann nur würde sie endlich von diesem unsäglichen Fluch befreit sein? Stephen war ein Traum von einem Mann – groß, blond und blauäugig. Er hatte sie vor einem halben Jahr im Fitnessstudio angesprochen, in dem sie sich mit Beth zum Aerobic angemeldet hatte. Eigentlich war das eine Idee von Beth gewesen, die sich über ein paar Pfunde zuviel auf ihre Hüften beschwert hatte. Helena konnte diese Auffassung nicht teilen. Beth sah toll aus. Sie war ein paar Zentimeter größer als sie, hatte schulterlanges schwarzes glattes Haar und große braune Augen in einem hübschen Gesicht. Im Gegensatz zu Helena hatte sie eine schlanke Figur. Helena beneidete sie darum. Sie selbst war keineswegs dick, aber wenn sie Beth ansah, wusste sie, was bei ihr an den richtigen Stellen fehlte. Mit ihren knapp eins siebzig fühlte Helena sich zu klein, und sie war eher dünn, als schlank – zu dünn, wie sie fand. Beth zog sie regelmäßig damit auf, wenn sie an ihren viel zu kleinen Brüsten und ihrem nicht vorhanden Hintern herumnölte. Androgyn hatte Helena ihre Figur genannt, und Beth hatte lauthals gelacht und den Kopf geschüttelt. Es gibt Männer, die mögen Frauen, die Kleidergröße 32 tragen, hatte sie gelassen gesagt und damit eigentlich gemeint, dass sie alles dafür geben würde, aus ihrer Kleidergröße 38 mindestens eine 36 zu machen.

Helena verstand Beth in diesem Punkt nicht. Also schob sie es einfach auf die unbestreitbare Tatsache, dass Frauen im Allgemeinen wohl nie mit ihrer Figur zufrieden sein würden, auch wenn sie Modelmaße hätten. „Und? Wie heißt nun deine neue Flamme? Oder trauerst du diesem Schwachkopf noch immer nach?“, bohrte Beth leise weiter, peinlich bemüht, Madam Petites Ausführungen nicht zu stören. Helena warf ihr einen teilnahmslosen Blick zu und hoffte, dass sie mit konsequentem Schweigen Beths Frage über kurz oder lang ausweichen könnte. Getreu dem Motto schauen, wer den längeren Atem hat. Dass sie Stephen schon fast vergessen hatte, musste Beth ja nicht wissen. Dass ihre Gedanken soeben einen Ausflug in ihre dunkelste Vergangenheit gewagt hatten, allerdings auch nicht. Niemandem hatte sie je diese ganze Geschichte erzählt – angefangen vom Verschwinden ihrer Eltern und dem Tod ihrer geliebten Granny, über die Tragödie um Nathan bis hin zu ihrem Selbstmordversuch, weil sie einfach keinen Ausweg aus ihrem Schicksal mehr gesehen hatte. Tag für Tag fragte sie sich jedoch, wer sie damals vor diesem unglaublichen Fehler bewahrt hatte, von dieser verdammten Brücke zu springen. Sie war in einen seltsamen Schockzustand gefallen und am nächsten Tag in ihrem Schlafzimmer aufgewacht. Die Erinnerung an den Suizid-Versuch war jedoch so präsent, dass sie nicht daran zweifelte, dass er tatsächlich real war. Doch bis heute war das Rätsel um ihre Rettung nicht gelöst. Sie hatte sich in den Gedanken geflüchtet, dass letztlich Nathan ihr zu Hilfe gekommen war. Dass er sie vor ihrem Selbstmord bewahrt hatte, und ihr damit sagen wollte, dass er, trotz seines Gedächtnisverlustes nach seinem tragischen Unfall und dem Ende ihrer Liebe nicht der Grund für ihren Tod sein mochte. Der Gedanke, dass er ihr damit seine Zuneigung suggerieren wollte, hielt sie aufrecht und in ihrer Seele als letzte Erinnerung an ihn verborgen. Letztlich war ihr Suizid-Versuch der Auslöser für den endgültigen Schlussstrich gewesen, den sie unter ihr altes Leben gesetzt hatte … und den Neubeginn, der dringend notwenig war. Weit vor dem Beginn des Semesters war sie dann in Paris angekommen. Es war nicht unbedingt erforderlich gewesen … aber es war gut so. Sie hatte die Zeit gebraucht, um sich mit der neuen Situation vertraut zu machen, ihr altes Leben endlich abzuschließen und sich auf eine Zukunft einzulassen, die sie aktiver denn je anzustreben gedachte. Was sie wollte, wusste sie schon lange. Doch der Wunsch ist nur Gedanke. Für die Umsetzung bedarf es einer bewussten Entscheidung, und wenn sie ehrlich war, waren die Erlebnisse in ihrer Vergangenheit genau der richtige Motor dafür, diese bewusste Entscheidung in die Realität umzusetzen. Und als sie Beth getroffen hatte, wusste sie, dass Paris die beste Entscheidung ihres Lebens war.

Doch trotz der knapp vier Jahre hatte sie es noch immer nicht ganz geschafft, ihre Vergangenheit gänzlich hinter sich zu lassen. Würde ihr das jemals gelingen? Ein schrilles Kreischen riss sie aus ihrer Versunkenheit. Die Vorlesung war zu Ende, und als sie Beths mürrischen Blick sah, wusste sie, dass sie ihre Freundin ganz schön derb vor den Kopf gestoßen haben musste. Sie seufzte leise. „Tut mir leid, Beth, ich war ein wenig in Gedanken.“, entschuldigte sie sich beschämt. Beth sah sie einen Moment mit einer Mischung aus Tadel und Sorge an, dann schenkte sie ihr ein breites Grinsen und schulterte ihre Tasche. Das war Beth – eben noch mürrisch, einen Wimpernschlag später ein fettes Grinsen im Gesicht. Und dafür liebte sie Beth. Kokett wirbelte sie herum, was ihr langes schwarzes Haare durcheinander brachte. Ihre dunklen Augen strahlten sie erwartungsvoll an. „Also, was stellen wir heute Abend an?“, fragte sie spontan. Helena zuckte unsicher mit den Schultern. Sie war sich noch nicht sicher, ob sie den Freitagabend nicht lieber in ihren eigenen vier Wänden verbringen wollte. Auf der anderen Seite würde Beth es ihr aller Wahrscheinlichkeit nach übel nehmen, wenn sie sich schon wieder verdrückte. Darüber hinaus hatte Helena sich vorgenommen, mit diesem Trübsal blasen aufzuhören. Also gab sie sich einen Ruck. „So wie ich dich kenne, hast du bestimmt schon eine blendende Idee, Bethie.“, säuselte sie. Beth begann aufgeregt auf der Stelle zu hüpfen. „Ich liebe es, wenn du mich Bethie nennst, Süße. Und klar, hab ich schon eine geniale Idee. Du wirst begeistert sein.“, triumphierte sie, und Helena musste sich ein Lachen verkneifen, als ihre Freundin wie ein Flummi auf und absprang. „Was hältst du davon, wenn wir zusammen mit Adrienne ins Pirat’s gehen. Das ist eine echt coole Kneipe“, freute sie sich. „Außerdem hängen da auch viele Studenten rum. Vielleicht kommst du dann ja auf andere Gedanken und hängst diesen nichtsnutzigen Schmalspurcasanova endlich an den Nagel.“, erwiderte sie und schenkte ihr ein frivoles Grinsen. Da Helena keine Ahnung hatte, um was für eine Kneipe es sich dabei handelte und sie Beths Vorstoß, ihr verletztes Herz – wie sie es immer nannte – zu kitten, als eine gute Gelegenheit empfand, etwas für ihr Seelenheil zu tun, willigte sie schließlich ein. „Gut, dann treffen wir uns um sieben vorm Pirat’s. Ich freu mich.“, grinste sie. Dann drehte sie sich leichtfüßig um und lief auf die U-Bahn Station zu. Bevor sie verschwand, wandte sie sich noch einmal um und winkte Helena freudig zu.

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BeitragThema: Re: Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel"   Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel" EmptyFr Aug 10 2012, 10:45

Und da geht´s schon weiter. bounce .
In der Stadt der Liebe sind wir gelandet. Na was uns, und vor allem Helena so bringt???
Bislang ja noch nicht so viel crying , aber was nicht ist, kann ja noch werden.
Zumindest wissen wir schon mal ein wenig mehr über Helena und ihre Geschichte.

Wie der Abend im Pirats wohl wird?

Ich erwarte mit Spannung mehr!!!

Liebste Grüße
Katha
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BeitragThema: Re: Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel"   Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel" EmptyFr Aug 10 2012, 12:38

Das sind wieder wunderbare Teile von dir, es ist wirklich ein Genuss sie zulesen.

Ich bin gespannt wie es weiter gehen wird, freue mich wenn es weiter geht.
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BeitragThema: Re: Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel"   Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel" EmptySa Aug 11 2012, 20:17

Danke, ihr Süßen ... Bin wirklich erleichtert, dass die Story offenbar ankommt. Bin gespannt, ob das so bleibt ... Wink
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BeitragThema: Re: Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel"   Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel" EmptySo Aug 12 2012, 21:32

Und weiter gehts. Viel Spaß beim Lesen Wink


Teil 3



Helena bemühte sich um ein Lächeln, nicht sicher, ob ihre Einwilligung eine gute Idee gewesen war. Was soll’s, dachte sie, warum sich nicht ein wenig ins Nachtleben stürzen? Eigentlich hätte sie Beth folgen sollen, um ebenfalls zur U-Bahn zu gelangen, doch ein Blick in den Himmel ließ sie ihre Meinung ändern. Eine für Ende März warme Nachmittagssonne strahlte freundlich vom Himmel und verführte Helena zu einem kleinen Spaziergang. Ihre Wohnung befand sich etwa drei Kilometer von der Uni entfernt. Für Fahrradliebhaber eine gute Gelegenheit, sich sportlich zu betätigen. Helena jedoch war keine Sportskanone – ganz im Gegenteil. Spontan entschied sie, zu Fuß nach Hause zu gehen. Am Nachmittag herrschte reges Getümmel in den Straßen von Paris, doch das störte sie nicht im Geringsten. Sie besah die Schaufenster mehr in eigenen Gedanken versunken, als tatsächlich etwas wahrzunehmen. Menschen hasteten an ihr vorbei, vermutlich um den Beginn des Wochenendes nicht zu versäumen. Sie schlenderte an den typischen Pariser Cafés vorbei, in denen Menschen aller Art aufgeregt schwatzend oder Zeitung lesend saßen. Amüsiert sah sie einer älteren Dame mit einem niedlichen kleinen Hund nach, der es sich zum Spaß machte, seine Hundeleine um ihre Beine zu wickeln. Helena musste lächeln. Als das ungleiche Duo aus ihrem Blickfeld entschwunden war, wandte sich sie, um ihren Weg nach Hause fortzusetzen … als sie plötzlich derb auf Widerstand stieß. Erschrocken taumelte sie zurück, wobei ihre Tasche von ihrer Schulter rutschte und mit einem dumpfen Schlag auf den Fußweg polterte. Kurz sondierte sie die Lage. Vor ihr stand ein Typ mit verstrubbelten Haaren in einem stumpfen Straßenköterblond. Hellbraune Augen ruhten in einem kantigen Gesicht. Die schiefe Nase, die sich über schmalen Lippen erhob, ließ die Vermutung zu, dass sie mindestens einmal gebrochen war. Nicht unattraktiv, aber ganz eindeutig nicht Helenas Typ, erinnerte er sie doch zu sehr an einen Schlägertypen, trotz der Verwegenheit, die aus seinen Zügen sprach. Gleichsam überrascht von dem Zusammenstoß, musterte er sie und murmelte ein kurzes „T’schuldigung“. Dann besann sich Helena, erwiderte ebenfalls eine Entschuldigung und bückte sich nach ihrer Tasche. Sie hatte keine Ahnung, was passiert war, aber plötzlich krümmte sich der Typ zusammen und sank auf die Knie. Panisch schreckte Helena zurück, sah sich hastig um. Dann bückte sie sich zu dem Typen, der sich mit der Hand seine Brust rieb. „Alles in Ordnung mit Ihnen?“, fragte sie leise. Ohne aufzusehen nickte er. Dann sah er sie an und als sich ihre Blicke trafen, hatte sie das unwirkliche Gefühl, ein kurzes sanftes Glimmen in seinen Augen zu sehen.

Als er sich aufrichtete, trat Helena einen Schritt zurück. „Sind Sie wirklich in Ordnung? Oder soll ich besser einen Arzt rufen?“ Er schüttelte den Kopf und sah sie mit einem merkwürdigen Blick an. „Nein, es geht mir gut.“ Helena, die sich in dieser Situation schon unwohl genug fühlte, lächelte kurz und verabschiedete sich dann. Ohne sich noch einmal umzudrehen, hastete sie weiter und hoffte insgeheim, dass der Typ ihr die Wahrheit gesagt und nicht an der nächsten Straßenecke zusammenbrechen würde. Sie könnte es sich nicht verzeihen, wenn ihm aufgrund ihrer unzureichenden Hilfe etwas noch Schlimmeres zustoßen würde. Als sie nach einer Stunde mehr oder weniger entspanntem Bummel die Tür hinter sich schloss und ihre Tasche abstellte, spürte sie, wie sie ein Gefühl der Leere überkam. Die Stille, in die sie seit fast vier Jahren Tag für Tag zurückkehrte, machte sie noch immer traurig. Sie war es immer gewohnt gewesen, dass jemand da war, wenn sie nach Hause kam, dass sie jemand erwartete. Wie sehr wünschte sie sich, dass es wieder so sein könnte. Aber seit Stephen sie vor einem Monat so kaltherzig abserviert hatte, war dieses gefürchtete Gefühl aus ihrer Vergangenheit zurückgekehrt. Ein halbes Jahr waren sie ein Paar gewesen, und sie war immer davon ausgegangen, dass es nichts gab, was sie jemals trennen würde können. Ja, genau dasselbe hatte sie bei Nathan auch geglaubt. Bis er eines Tages nach diesem schrecklichen Unfall aus dem Koma erwacht war und sie nicht mehr erkannt hatte. Es war beinahe wie ein Fluch, denn seltsamerweise war sie die Einzige gewesen, an die er sich nicht erinnern konnte. Als hätte eine übernatürliche Kraft ihre Finger im Spiel. Aber das war ausgemachter Blödsinn. Helena glaubte nicht an solchen Quatsch. Spätestens seit das Schicksal ihr so übel mitgespielt hatte, stand sie mit beiden Beinen fest auf dem Boden. Dennoch behagte ihr die Stille nicht. Unweigerlich kam ihr die alte Dame mit dem amüsanten kleinen Hund wieder in den Sinn, die sie auf ihrem Heimweg gesehen hatte. Vielleicht sollte ich mir wieder eine Katze zulegen …, dachte sie und versuchte, sich vorzustellen, mit einem Haustier die Einsamkeit innerhalb ihrer vier Wände zu teilen.

Früher hatte sie Bastet gehabt, einen hübschen schwarzen Kater mit leuchtend grünen Augen. Aber als sie nach Paris gezogen war, hatte sie ihn weggegeben. Der Kater war das Land gewöhnt. In einer Stadt wie Paris wäre er buchstäblich vor die Hunde gegangen. So hatte sie ihn schweren Herzens in ein Tierheim gebracht und im Stillen gebetet, dass er an neue fürsorgliche Besitzer kommen würde. Sie trat in die zum Wohnzimmer hin offene Küche, die sie, wie all die anderen Räume selbst liebevoll eingerichtet hatte, ließ Wasser in den Kessel fließen und stellte ihn auf den Herd. Dann ging sie ins Badezimmer und drehte den Hahn auf. Während das Wasser für ihren Tee kochte, würde die Badewanne vollaufen. Ein ausgiebiges Bad war genau das richtige, um sich auf einen Abend alá Beth einzustimmen. Zum Glück war morgen Samstag. Ein kurzer Blick auf ihre Uhr sagte ihr, dass ihr noch vier Stunden blieben, um sich vorzubereiten. Mindestens eine davon würde sie in der Badewanne schwimmen. Sie betrat das großzügige Wohnzimmer mit dem ausladenden Balkon, der ihr einen atemberaubenden Blick auf die Seine bot. Die Sonnenuntergänge waren traumhaft in Paris, genauso wie die Lichter der Stadt, wenn es dunkel wurde. Sie öffnete die beiden Flügeltüren und ließ die angenehm warme Märzluft herein. Ein oder zwei Wochen noch und die Natur würde wieder zum Leben erwachen. Sie liebte den Frühling mit seinen Farben und den frischen Gerüchen, die den kalten trostlosen Winter verbannten. Das Pfeifen des Wasserkessels hinderte sie daran, sich auf das große bequeme helle Sofa zu werfen und ihren Gedanken nachzuhängen. Sie warf einen kurzen sehnsüchtigen Blick auf die weichen Polster, bevor sie schließlich ihre Aufmerksamkeit dem kochenden Wasser und der Verheißung auf einen Tee widmete. Sie goss das Wasser auf, nahm die Tasse und steuerte das Badezimmer an. Schnell warf sie ihre Klamotten ab, stieg in die Wanne und ließ sich von dem warmen Wasser umspülen. Eine Minute später waren die Spuren des Alltags und ihre trüben Gedanken wie weggewischt. Sie schloss die Augen und leerte ihren Kopf – die einzige erfolgreiche Methode, um zu entspannen.

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BeitragThema: Re: Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel"   Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel" EmptySo Aug 12 2012, 21:44

Teil 4


Mürrisch beobachtete er das Geschehen von seinem Versteck aus. „Merde alors!“ …, fluchte er leise in sich hinein und strich sich nervös durch sein halblanges blondes Haar. „Das war nicht so ganz das, was ich wollte.“ Seine grünen Augen blickten grimmig und folgten dem Mann, der zu seinem unfreiwilligen Ziel geworden war. Er würde seinen Fehler beheben müssen, wenn er sein Ziel erreichen wollte. Dann erhob er sich und folgte dem Mann. Warum nur hatte er es nicht vorausgesehen? Er wurde nachlässiger, etwas dass er sich nicht erlauben konnte. So nah war er schon lange nicht mehr an seinem Ziel gewesen, und insgeheim verfluchte er sich, dass er diese Chance nicht genutzt hatte. Er hatte einen Plan, und er würde ihn umsetzen. Was gerade klassisch in die Hose gegangen war. Du wirst schlampig, Junge …, tadelte er sich und rieb sich fahrig über das Gesicht. Aber im Grunde war es nur ein kleiner Fauxpas, und er bedeutet lediglich, dass er einen kleinen, kaum nennenswerten Umweg zu seinem Ziel einlegen musste. Das haben wir im Handumdrehen erledigt …, beruhigte er sich selbst und trat, sich vernehmlich räuspernd hinter den Mann. Augenblicklich fuhr der Typ herum und starrte ihn verwundert an.

„Kann ich Ihnen helfen?“, fragte er höflich und musterte einen Typen, der ihn um gute zehn Zentimeter überragte, was bei seinen eigenen eins dreiundachtzig erstaunlich war. Er sah überaus attraktiv aus für einen Mann. Er tippte auf Model, obwohl sein Klamottengeschmack überhaupt nicht zu einem Model passte. Er lachte und entblößte makellos weise Zähne. „Genau dasselbe wollte ich Sie gerade fragen.“, antwortete er. „Sie sehen etwas mitgenommen aus.“, stellte er mit sichtlicher Besorgnis fest. Nonchalant hob er die Schultern. „Nicht der Rede wert. Ich komme schon klar. Danke der Nachfrage.“ Dann wandte er sich um und wollte gehen, als er plötzlich leicht ins Wanken geriet. Geistesgegenwärtig fasste ihn der Modeltyp beim Arm und verhinderte, dass seine Beine nachgaben. Von einem plötzlich aufkommenden Schwindelgefühl erfasst, keuchte er leise und beugte sich tief atmend nach vorne. Verdammt, die hübsche Brünette schien ihn wohl härter getroffen zu haben, als zunächst angenommen. Schade, dass sie so schnell wieder verschwunden war. Er hätte sie gerne nach ihrer Nummer gefragt – oder zumindest nach ihrem Namen. „Kommen Sie, ich begleite Sie nach Hause.“, bot der Fremde fürsorglich an. Für einen Moment war er versucht, dankend abzulehnen, doch dann suchte ihn erneut dieses Schwindelgefühl heim. Vielleicht war das doch keine so schlechte Idee. Etwas widerwillig ließ er schließlich zu, dass dieser Schönling seinen Arm fester umfasste, während sie sich gemeinsam auf den Weg zu seiner Wohnung machten. Als sie vor der Haustür zu dem Sechs-Parteien-Hauses ankamen, in dem er seine Wohnung hatte, wandte er sich zu dem Typen. „Danke für Ihre Hilfe. Den Rest schaffte ich alleine.“, erklärte er und machte Anstalten, die Tür aufzuschließen. Nachdem ihm zum zweiten Mal der Schlüssel aus der Hand gerutscht war, griff der Fremde nach dem Schlüssel und schloss die Tür auf.

Wortlos begleitete er ihn zu seinem Apartment und öffnete es ebenfalls. Als er eintrat, blieb der Fremde unschlüssig in der Tür stehen und sah ihn fragend an. Da verstand er. „Kommen Sie rein. Ich sollte Ihnen wohl zumindest einen Kaffee anbieten … quasi als Dankeschön.“, erklärte er. „Danke, gerne.“, erwiderte der Schönling knapp und folgte ihm. Wenig später begann die Kaffeemaschine zu gurgeln und der Hausherr bot seinem Gast an, sich zu setzen. Er selbst ließ sich ihm gegenüber nieder. Eine Weile starrten sie einander schweigend an. Etwas unschlüssig musterte er seinen Gast. Er hatte sich ihm noch nicht mal vorgestellt. Und seinem arroganten Gesichtsausdruck nach zu urteilen, hielt er sich wohl für etwas Besseres. Eingebildeter Schnösel …, dachte er und nippte an seinem Kaffee. Aber egal, er war auch nicht darauf aus, neue Freundschaften zu schließen, schon gar nicht mit Typen, die wie Models aussahen. Er würde sich nur schnell mit diesem Kaffee bedanken und dann zusehen, dass dieser komische Kauz mit seinem merkwürdigem Kleidungsstil wieder verschwand. Wer zum Geier trägt denn heutzutage noch weiße Leinenhosen und Sandalen …, dachte er irritiert. Nachdenklich neigte er den Kopf. Wenn er dunkelhaarig wäre und Bart trüge könnte er glatt als Jesus durchgehen … Er grinste amüsiert in sich hinein. Hoffentlich gehört er nicht irgendeiner Sekte an und sieht die Gunst der Stunde gekommen, mich zu bekehren … „Ich dachte schon, dieses Mädchen haut einfach ab und überlässt Sie Ihrem Schicksal, nachdem sie Sie so ungeschickt angerempelt hatte.“, durchbrach sein Gegenüber plötzlich seine Gedanken. Argwöhnisch kniff er die Augen zusammen und versuchte, die Beweggründe seines Gastes zu erkennen, die ihn zu diesem Gespräch veranlassten. „Nein, nein … so schlimm war es nicht. Ich hab auch nicht wirklich aufgepasst.“, wiegelte er eilig ab, ehe er abrupt innehielt und sich geistesgegenwärtig über seine Brust rieb. „Das Komische ist nur …“ Er verstummte und sah das skurrile Modepüppchen, was rein optisch so gar nicht zu seinem abgewetzten Sofa passte, argwöhnisch an. Warum sollte er ihm davon erzählen? Er kannte diesen Kerl doch gar nicht, und er verspürte auch nicht das Bedürfnis, das zu ändern. Sicherlich tat er sich nicht sonderlich schwer damit, Menschen kennen zu lernen, aber dieser Typ erschien ihm schlichtweg suspekt.

„Was ist komisch?“, versuchte der Fremde das Gespräch wieder aufzunehmen. Schulterzuckend wich er der Frage aus. Die Art wie er den Kopf neigte und lächelte, erinnerte ihn an den Typen aus der Zahnpastawerbung. „Es hat mit der Frau zu tun, hab ich Recht?“, mutmaßte er frei heraus. Unwillkürlich zuckte er zusammen. War das so offensichtlich? Verlegen senkte er den Kopf und wich dem Blick des Modeltypens, der ihn noch immer mit diesem Zahnpastalächeln angrinste, aus. „Na ja, … ist schon irgendwie komisch …“, begann er mit einem unsicheren Räuspern. „Sie geht mir irgendwie nicht mehr aus dem Kopf … Dabei kenne ich sie gar nicht.“, murmelte er. Warum erzähle ich ihm das? Der Schönling legte ein zufriedenes Grinsen auf und sah ihn wissend an. „Ja ja, so was nennt man wohl Liebe auf den ersten Blick.“, konstatierte dieser mit gewichtiger Miene und seufzte übertrieben sehnsüchtig. Liebe auf den ersten Blick? Wovon träumt der eigentlich nachts? ..., dachte er, warf ihm einen schnöden Blick zu und schüttelte resigniert den Kopf. „Und selbst wenn, die finde ich in Paris nicht wieder.“, erwiderte er. „Sofern sie überhaupt in Paris wohnt.“, fügte er leise murmelnd hinzu. Elegant strich sich sein Gegenüber durch sein strohblondes Haar. Die Geste wirkte, als hätte er sie jahrelang pedantisch einstudiert. Seufzend schüttelte er den Kopf. Goldlöckchen – wie er ihn spontan getauft hatte – lächelte, was ihn selbst wiederum zu einem Stirnrunzeln veranlasste. Irgendetwas war merkwürdig an dem Kerl. Vielleicht ist er ja schwul … Oh Gott, hoffentlich hat er mich nicht zu seinem Opfer erkoren … „Wer weiß? Das Schicksal geht manchmal seltsame Wege und es ist durchaus weise, sich dem Schicksal zu unterwerfen.“, erklärte Goldlöckchen beinahe poetisch. Lediglich die Hand an der Brust und der bedeutungsvolle Kniefall fehlten noch zur Vollendung seines theatralischen Auftritts. Er verkniff sich ein Lachen. Eigentlich hatte er für solch salbungsvolles Gesülze nichts übrig, aber diese Worte aus diesem merkwürdigen Kerl zu hören, ließ etwas in ihm in Bewegung kommen. „Was schlagen Sie vor?“, fragte er und bemühte sich gleichzeitig, sein offenkundiges Interesse an der brünetten Schönheit zu verbergen. Vielleicht war der Typ ja doch zu mehr in der Lage als nur nett auszusehen, arrogant zu gucken und große Reden zu schwingen. „Vertrauen Sie auf Ihr Schicksal! Es scheint es gut mit Ihnen zu meinen. Glauben Sie mir, es wird Sie irgendwann zu ihr führen … wenn der rechte Zeitpunkt gekommen ist.“ Amen …, fügte er gedanklich dem Geschwafel hinzu. Mit diesen Worten erhob sich sein Gast in einer übertrieben anmutigen Bewegung und steuerte mit federndem Gang die Tür an. Kopfschüttelnd sah er ihm nach, als er durch die Tür verschwand. Große Liebe … bla bla bla … Schicksal … bla bla bla … Egal was du für Pillen schluckst, du solltest besser die Pfoten davon lassen …

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BeitragThema: Re: Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel"   Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel" EmptySo Aug 12 2012, 22:18

Sehr schön, liebe Mini,
vor allem der zweite Teil war super. Die Gedanken, des Typen über "Goldlöckchen" war total zum Grinsen. Smile Ich vermute mal Goldlöckchen verfolgt den Plan, dass sich der andere Mann und Helena annähern. Aber was steckt hinter dem Plan?? Question
Hmmm, ich will mehr lesen!!!! Exclamation
Liebe Grüße
Katha
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BeitragThema: Re: Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel"   Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel" EmptySo Aug 12 2012, 22:35


Da schließe ich mich meiner Vorrednerin gleich mal an... Smile freue mich wenn es weiter geht..
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BeitragThema: Re: Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel"   Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel" EmptyMo Aug 13 2012, 09:49

katha schrieb:
Sehr schön, liebe Mini,
vor allem der zweite Teil war super. Die Gedanken, des Typen über "Goldlöckchen" war total zum Grinsen. Smile Ich vermute mal Goldlöckchen verfolgt den Plan, dass sich der andere Mann und Helena annähern. Aber was steckt hinter dem Plan?? Question
Hmmm, ich will mehr lesen!!!! Exclamation
Liebe Grüße
Katha

Du liegst mit deinen Vermutungen absolut richtig. Tja, die Frage ist nur, wofür das Ganze.
Danke dir für deinen Kommentar. Wenn ich nicht jetzt auf Arbeit müsste, würde ich glatt den nächsten Teil posten, aber dann vielleicht heute Abend.

LG, Mini Wink
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BeitragThema: Re: Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel"   Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel" EmptyMo Aug 13 2012, 09:50

Lizzy schrieb:

Da schließe ich mich meiner Vorrednerin gleich mal an... Smile freue mich wenn es weiter geht..

Danke dir, Lizzy. Freut mich, wenn dir die Geschichte gefällt. Smile
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BeitragThema: Re: Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel"   Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel" EmptyMo Aug 13 2012, 21:17

Eine kleine Fortsetzung für euch. Viel Spaß beim Lesen ... Wink


Teil 5


Die Tür zu dem großzügigen Balkon war geöffnet – eine stumme Einladung, einzutreten, wie er fand. Sie ist immer noch so leichtsinnig … Lautlos schlüpfte er durch das Fenster und betrat das helle großzügige Wohnzimmer. Neugierig ließ er seinen Blick schweifen. Hier also lebte sie. Er verharrte einen Moment, sog die unbekannten Gerüche ein und versuchte, einen bestimmten herauszufiltern. Da war er – Lavendel, mit einem Hauch von Freesien. Er liebte diesen Duft, der ihn schon so lange so ruhelos machte. Sie war hier, die einzige Frau, die diesen Geruch verströmte und dem er seit einer kleinen Ewigkeit nachjagte. Er hatte sie gefunden. Endlich. Es war fast vier Jahre her, seit er ihre Spur quasi über Nacht in Schweden verloren hatte. Sie war einfach verschwunden, wie von der Erde verschluckt, und niemand wusste, wohin sie gegangen war. Es hatte ihn beinahe wahnsinnig gemacht. Über drei Jahre hatte er sie gesucht, die halbe Welt durchforstet, bis er sie hier in Paris wiedergefunden hatte. Zufällig. Es war weder Wissen noch Instinkt, was ihn kurz nach ihrem Verschwinden in Schweden hierher getrieben hatte. Er liebte diese Stadt, und nachdem er sie verloren geglaubt hatte, hatte ihn das Bedürfnis ereilt, in sein einstiges Domizil zurückzukehren, in dem er sich so lange so wohl gefühlt hatte. Als er sie zufällig vor fünf Wochen inmitten dieser Millionenmetropole wiedergesehen hatte, konnte er sein Glück kaum fassen, hatte er es doch fast schon aufgegeben, sie jemals wiederzufinden. Dass er es dennoch getan hatte, hatte er als eine Fügung des Schicksals gesehen. Und einmal mehr sah er sich in seinem Gefühl bestätigt, dass sie die Richtige war. Dass sie diejenige war, die ihn erlösen würde können. Einen Moment lang verharrte er, als leises Plätschern und sanfte Musik aus einem angrenzenden Raum erklang. Lautlos trat er an die Tür, hinter der er das Geräusch vernahm, lauschte und schloss sehnsüchtig die Augen. Er musste sich zwingen, seine Euphorie zu zügeln, die ihn förmlich dazu trieb, die Tür zu öffnen und einfach in den Raum zu platzen. Nein, dieses Mal musste er es geschickter angehen … und er musste sich beeilen. Der Sand, der unaufhaltsam durch das Stundenglas rann, nahm ihm Minute um Minute … Stunde um Stunde. Kaum mehr als zwei Monate blieben ihm noch, den Fluch zu brechen. Und der große Unterweltler sollte ihn persönlich in seine dunkle Tiefe holen, wenn es ihm dieses Mal nicht gelänge, sie zu halten. Doch bis dahin war es noch ein weiter Weg. Nie war es so schwer gewesen, wie dieses Mal. Seine Erfahrung hatte ihn gelehrt, dass alles komplizierter wurde, umso länger die Dinge währten. Die Welt hatte sich in dem letzten Jahrhundert sehr verändert – besonders die weibliche Spezies hatte eine beeindruckende Metamorphose durchlebt. Waren Frauen vor gar nicht allzu langer Zeit noch eher unterwürfig geprägt und hatten sich vorzugsweise am Rande der Gesellschaft bewegt, so spielten sie in der heutigen Zeit eine durchaus selbstbewusstere Rolle. Das gefiel ihm …

Er erinnerte sich, wie orientierungslos er damals in diese Welt gestolpert war, die so ganz anders war als das, was er kannte. Anfangs fiel es ihm schwer, sich diesen fremden Gegebenheiten anzupassen. Vergänglichkeit. Alter. Zeit. All das machte ihm besonders zu schaffen. Zu Hause war Zeit keine die Existenz bestimmende Komponente. Nichts verging, alles war ewig … unveränderlich. Es gab andere Aspekte, die das Dasein steuerten. Am Anfang war es ungewohnt, sich mit einem zeitlichen Aspekt auseinander zu setzen, und es hatte eine Weile gedauert, sich an dessen unausweichliche Begleiterscheinungen zu gewöhnen. Und je länger er sich in dieser irdischen Welt befand, umso besser fand er sich mit diesen Umständen zurecht. Doch nicht nur das hatte ihm zunächst Schwierigkeiten bereitet. Dort wo er herkam, reagierte man eher rational und selten instinktiv. Gut, er konnte nicht behaupten, dass die Menschen einer höheren Form des Instinktes folgten, aber er begleitete sie doch maßgeblicher als er es erwartet hatte. Am Anfang hatte ihn ihre Denkweise und Gefühlswelt verwirrt – ganz besonders die der Frauen, die irrationaler zu agieren schienen als ihr männliches Pendant. Misstrauisch und zurückhaltend war er den Frauen gegenüber getreten, verstand er ihr Verhalten doch am wenigsten, trotz der faszinierenden Anziehung, die sie auf ihn ausübten. Frauen sind etwas Wunderbares … und manchmal muss man sie auch einfach nicht verstehen, hatte sein Bruder Himeros ihm mit einem wissenden Lächeln zu verstehen gegeben, als er ihn danach gefragt hatte. Das wiederum hatte ihn noch mehr verwirrt. Mit der Zeit hatte sich damit arrangiert und sein Misstrauen gegenüber dieser Welt, deren Bewohnern und ihren Gepflogenheiten abgelegt, bis er sich tatsächlich in gewisser Weise unter ihnen wohl zu fühlen begann. Diesen Gedanken im Kopf musste er unweigerlich grinsen. Er trat von der Tür des Badezimmers zurück, hinter der ein ganz besonderes weibliches Geschöpf weilte, und begann, sich in der äußerst geschmackvoll eingerichteten Wohnung umzusehen, als sein Blick auf ein Foto fiel, welches auf der Kommode im Wohnzimmer stand. Eine ziemlich persönliche Fotografie. Sie zeigte Helena und einen Mann, der ihm nicht unbekannt war, in einer innigen Umarmung und sich verliebt in die Augen schauend.

Vor fünf Wochen hatte er den Typen zum ersten Mal gesehen. Dass er offenbar eine recht innige Beziehung zu seiner Helena pflegte, hatte ihm direkt missfallen. Doch davon mal abgesehen, hatte ihn sein Gespür, was er über die Jahre entwickelt hatte, vom ersten Moment an gesagt, dass dieser Kerl nicht das war, was er vorzugeben schien. Und sein Gefühl hatte ihm Recht gegeben, wie er später herausgefunden hatte. Er lächelte gelassen. Du kommst mir nicht mehr in die Quere …, ging es ihm durch den Kopf, während sein Blick stoisch auf dem Foto ruhte. Aus irgendeinem Grund störte es ihn, dass es dort stand und etwas vermittelte, was nicht der Wahrheit entsprach. Ohne darüber nachzudenken griff er danach und drehte es um, sodass das Foto auf das Holz der Kommode blickte. Dann richtete er seine Aufmerksamkeit wieder in den Raum. Neugierig besah er sich die Details dieses durchaus hübschen kleinen Domizils – nicht vergleichbar mit seinem, aber auf eine Weise gemütlich, sodass er sich sofort behaglich fühlte – als sein Interesse sich auf eine Leinwand lenkte, die auf einer Staffelei stand und ein halbfertiges Bild zeigte. Interessiert betrachtete er das Bild und bewunderte fasziniert das aufregende Farbenspiel. Ohne es bewusst wahrzunehmen, streckte er seine Hand danach aus und strich vorsichtig über das Motiv. Die Farbe fühlte sich seidig an, ein Gefühl, was ihm bestens bekannt war. Sie hat wirklich Talent. Leise Bewunderung erfüllte ihn, als sein Blick über die Wände in dem hellen Raum glitt, der an ein Atelier erinnerte. Dann fiel sein Blick auf ein paar Papiere, die nachlässig auf einer weiteren Kommode lagen. Das Label auf dem Briefkopf und die Informationen, die er aus den Schriftstücken entnahm, legten die Vermutung nahe, dass sie hier in Paris Kunst studierte. Das erklärte zumindest, warum er sie des Öfteren in der Nähe des Campus’ gesehen hatte. Zufrieden lächelte er in sich hinein. Interessant … Diese wichtige Information würde zweifellos sein Vorhaben erleichtern, ihr wieder näher zu kommen. Und er wusste auch schon wie. Nicht im Mindesten von einem schlechten Gewissen erfüllt, weil er verbotener Weise in ihren Sachen wühlte, überflog er die Unterlagen, die Bücherlisten, Kurspläne und Unterrichtsinhalte beinhalteten, als ein Geräusch aus dem angrenzenden Badezimmer ihn abrupt aus seiner Versunkenheit riss. Sein Blick huschte zu der Badezimmertür, hinter der er Helena wusste. Noch einmal ließ er seinen Blick durch die Wohnung schweifen. Er hatte ihr Gespräch mit diesem anderen Mädchen auf dem Campus belauscht, als er sie beobachtet hatte. Sie hatten sich für sieben Uhr im Pirat’s verabredet. Er kannte diese urige kleine Kneipe, die besondes unter Studenten recht beliebt war. Instinktiv versuchte er sich zu erinnern, wann er das letzte Mal ein derartiges Etablissement besucht hatte. Ich sollte Himeros fragen, ob er Lust auf einen Kneipenabend hat … Ein zufriedenes Lächeln legte sich auf seine Züge, als sein Blick erneut auf die Badezimmertür fiel. Etwas, was er als Vorfreude interpretierte, flammte in ihm auf. Ich hab dir versprochen, dass wir uns wiedersehen, Helena … Zwei Sekunden später war er ebenso lautlos verschwunden, wie er erschienen war.

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BeitragThema: Re: Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel"   Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel" EmptyMo Aug 13 2012, 21:22

Wow, Mini das ist ein grandioser Teil, und so klasse geschrieben...
Freue mich wenn es weiter geht... Smile
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BeitragThema: Re: Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel"   Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel" EmptyMo Aug 13 2012, 21:29

Einfach unglaublich, das ist so hammer geschrieben und ich freue mich wenn es weiter geht
mit dieser grandiosen Geschichte. Smile
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BeitragThema: Re: Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel"   Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel" EmptyMo Aug 13 2012, 22:32

Juchu, auch ich hänge mich an die beiden obigen Meinungen an.
Wunder-, wunderbar geschrieben und zu lesen. drunken
Ich frage mich, ob es richtig ist, dass ich diesen Typen irgendwie sympathisch finde, obwohl er Helenas Leben manipuliert, wie es ihm in den Kram passt. Aber irgendwie ist seine Zuneigung, oder was es auch immer ist, ... interessant und sowas wie liebenswert, wobei das Wort liebenswert vielleicht zu viel des Guten ist.
Ich verstehe allerdings seinen Plan immer noch nicht. (was wohl auch so sein soll Mad)
Bin auf jedenfall immer noch gespannt was im Pirats passiert Surprised
Ich bin froh, dass du mich mit einer neuen Story fesselst... Sonst wäre ich doch in nicht all zu langer Zeit verzweifelt Wink Wink
Liebe Grüße vom Katha-Schatz
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BeitragThema: Re: Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel"   Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel" EmptyDi Aug 14 2012, 08:39

Zuckerschnute schrieb:
Wow, Mini das ist ein grandioser Teil, und so klasse geschrieben...
Freue mich wenn es weiter geht... Smile

Lizzy schrieb:
Einfach unglaublich, das ist so hammer geschrieben und ich freue mich wenn es weiter geht
mit dieser grandiosen Geschichte. Smile

Danke euch ihr Lieben. Freut mich, wenn euch die Geschichte gefällt. Smile
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BeitragThema: Re: Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel"   Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel" EmptyDi Aug 14 2012, 08:41

katha schrieb:
Juchu, auch ich hänge mich an die beiden obigen Meinungen an.
Wunder-, wunderbar geschrieben und zu lesen. drunken
Ich frage mich, ob es richtig ist, dass ich diesen Typen irgendwie sympathisch finde, obwohl er Helenas Leben manipuliert, wie es ihm in den Kram passt. Aber irgendwie ist seine Zuneigung, oder was es auch immer ist, ... interessant und sowas wie liebenswert, wobei das Wort liebenswert vielleicht zu viel des Guten ist.
Ich verstehe allerdings seinen Plan immer noch nicht. (was wohl auch so sein soll Mad)
Bin auf jedenfall immer noch gespannt was im Pirats passiert Surprised
Ich bin froh, dass du mich mit einer neuen Story fesselst... Sonst wäre ich doch in nicht all zu langer Zeit verzweifelt Wink Wink
Liebe Grüße vom Katha-Schatz

Soso, du findest den Typen also liebenswert. Razz
Ich verrat dir mal, dass ich ihn selbst auch recht liebenswert - oder wie immer man das nennen mag - finde.
Na mal schauen, wie sich das noch entwickelt. Danke dir, für deinen, lieben Kommi. Wink

Die Geschichte wird dich auch hoffentlich noch eine Weile fesseln ... Wink
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BeitragThema: Re: Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel"   Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel" EmptyDi Aug 14 2012, 09:39

Eine kleine Fortsetzung für euch. Viel Spaß beim Lesen ... Smile


Teil 6



Es war kurz vor sieben Uhr, als Helena aus der U-Bahn stieg und eilig die Treppe hinauf zur Straße hastete. Ein kühler Wind pfiff ihr um die Ohren und brachte einen Geruch von fernem Schnee mit sich. Zum Glück hatte sie sich eine dickere Jacke angezogen. In der Ferne konnte sie die leuchtende Reklame erkennen, die das Pirat’s ankündigte. Hastig sah sie auf ihre Uhr – zwei Minuten vor sieben. Sie würde zu spät kommen. Und sie hasste es, zu spät zu kommen. Wenn es um Pünktlichkeit ging, war sie geradezu pedantisch. Verdammt, warum hatte sie so getrödelt? Sie schlug den Kragen hoch und vergrub ihre Hände in den Taschen ihres Parkas. Ohne noch mehr Zeit zu vergeuden, wandte sie sich in Richtung des Reklameschildes. Sie beschleunigte ihre Schritte und kam wenig später vor dem Pub an. Von innen drang Musik, unter die sich dumpfes Gemurmel mischte. Sie hatte Glück, denn Beth und Adrienne schienen sich ebenfalls zu verspäten. Zumindest konnte sie vor dem Pub keine der beiden Frauen ausmachen. Adrienne studierte an derselben Uni Jura. Sie war eine von Beths besten Freundinnen, und auch Helena hatte Adrienne als die liebenswürdige Frau kennen gelernt, von der Beth immer geschwärmt hatte. Sie waren ein paar Mal gemeinsam ausgegangen, und Helena hatte sie schon nach dem ersten Mal in ihr Herz geschlossen. Die große schlanke Frau mit dem kurzen blonden Haar und den ausdrucksstarken blauen Augen strahlte beinahe etwas Autoritäres aus. Jura passt eindeutig zu ihr. Helena war überzeugt, dass sie einmal eine gute Anwältin werden würde. Sie hatte ihre Hände tief in ihren Jackentaschen vergraben, und ihr Atem der in nebeligen Wölkchen über ihre Lippen wich, ließ die Kälte erkennen. Auch wenn die Tage schon merklich warm waren, die Nächte waren Beweis dafür, dass der Frühling noch ein ganzes Stück entfernt war. Die Musik dröhnte lauter aus dem hell erleuchteten Pub, an dessen Schild groß der Name „Pirat’s Tavern“ prangte. Helena wandte sich um und erkannte zwei Männer, die soeben durch die Tür in der Kneipe verschwanden. Unruhig trat sie von einem Bein aufs andere. Wo blieben nur Adrienne und Beth? Unpünktlichkeit war ihr zuwider, aber sie zügelte sich. Zum Glück wurde sie schon kurze Zeit später erlöst. Gut zwanzig Meter entfernt konnte sie schon Beth, die Adrienne im Schlepptau führte, hektisch winken sehen. Wenig später standen die beiden ein wenig außer Atem vor ihr. „Sorry Süße, die Bahn hatte Verspätung.“, gab Beth ihr mit einem entschuldigenden Lächeln zu verstehen. Adrienne beugte sich zu ihr und drückte ihr in geradezu höfischer Geste einen Kuss auf jede Wange. Helena musste grinsen. Sie war keine gebürtige Französin, und diese Form der Begrüßung war ihr trotz der knapp vier Jahre, die sie schon hier war, noch immer fremd.

Beth, die augenblicklich zu ihrem impulsiven Wesen zurückgefunden hatte, sprang elegant die drei Stufen zum Eingang hinauf und öffnete die Tür. Überraschend laut drang die Musik nun an ihre Ohren. Adrienne trat ein, und Helena folgte ihr. Beth schob sich schließlich an ihnen vorbei und scannte den Raum mit geschultem Blick. „Da hinten ist ein Tisch frei.“, bedeutete sie knapp und lotste sie durch die anwesenden Gäste, die an dicht gedrängten Tischen saßen und sich über die vorherrschende Lautstärke zu verständigen versuchten. Bevor ihnen zwei andere Gäste, die ebenfalls den freien Tisch anvisiert hatten, zuvorkommen konnten, ließ Beth sich auf die gepolsterte Bank fallen und vollführte eine Geste des Bedauerns gegenüber den beiden Gästen, die nur drei Sekunden zu spät an dem gleichen Tisch angekommen waren. Schulterzuckend wandten sie sich um und ließen sich schließlich an einem anderen Tisch nieder, der gerade frei geworden war. Beth grinste breit. Ihr war anzusehen, dass sie sich auf diesen gemeinsamen Abend unter Mädels freute. Und selbst Helena, wenn auch sie es zu einem früheren Zeitpunkt des Tages nicht zugegeben hätte, fand immer mehr Gefallen an der Aussicht auf einen gemütlichen Abend in einer gemütlichen Runde. „Was wollt ihr trinken?“, fragte Beth enthusiastisch und winkte einen Kellner heran, der gerade Getränke an einem anderen Tisch abgeliefert hatte. Nach einem kurzen Studium der Cocktailkarte bestellten sie zwei Caipirinha und einen Sunny Beach. „Hast du deine Arbeit zu dem Stillleben schon fertig?“, fragte Beth über den Tisch gebeugt und sah Helena neugierig an. Die schüttelte den Kopf. „Nein, noch nicht.“, erwiderte sie und entsann sich des unfertigen Werkes, bei dem ihr schlichtweg die nötige Inspiration fehlte. „Aber wir haben ja noch eine Weile Zeit.“, fügte sie gelassen hinzu. Beth beugte sich noch weiter über den Tisch und sah Helena vielsagend an. „Ich hab gehört, dass Madame Mendez plant, ein paar Werke ihrer Studenten im großen Atrium auszustellen. Was denkst du, ist doch eine gute Möglichkeit, auf sich aufmerksam zu machen, oder?“, sagte sie mit einem verschwörerisch Funkeln in den Augen. Helena wusste genau, worauf Beth hinauswollte. Schon seit einem Jahr lag sie ihr in den Ohren, dass sie doch endlich mal dafür sorgen sollte, dass ihre Werke gesehen werden. Beth fand, dass Helena eine äußerst talentierte Künstlerin war, die beste ihres Jahrgangs, wie sie nicht müde wurde, zu betonen. Helena hatte bei solchen Aussagen immer resigniert abgewunken. Es war schwer, sich als Künstler behaupten zu können. Es gab zwar einen Markt dafür, aber der war klein – zumindest was echte Kaufinteressenten betrafen.

Die meisten Leute bevorzugen den Kauf zweitklassiger Kunstdrucke, anstatt sich Originale in die eigenen vier Wände zu hängen. Was nicht zuletzt daran lag, dass die meisten Kunstwerke einfach nicht bezahlbar waren – zumindest wenn man mehr als nur die Materialkosten verlangen wollte. Wollte man also von seiner Kunst leben, musste man Tag und Nacht in die Produktion investieren, denn einen gängigen Stundenlohn für ein Werk zu veranschlagen, brachte unweigerlich das Risiko mit sich, dass sie gar niemand kaufte. Die Alternative war, dass man so bekannt war, dass die Leute alles kauften, was einem unter den Fingern entstand – egal, um was es sich dabei handelte. Letzteres war erstrebenswert, aber nahezu utopisch, ersteres der gängige Weg, der zur Brotlosigkeit führte und den Künstler schlussendlich dazu zwang, sich in zahlreichen Nebenjobs zu verlieren, um dann noch weniger Zeit für das eigentliche Bestreben zu finden. Ein Weg, den Helena nicht gehen wollte, den sie aber dennoch fürchtete. Aber egal, wohin sie ihr Leben auch führen mochte, das Kunststudium war ein Traum, den zu erfüllen sie sich beinahe genötigt fühlte. Und es war ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Sie wusste, dass es noch ein weiter Weg war, um an ihr hehres Ziel zu gelangen. Aber bisher hatte sie die Hoffnung noch nicht aufgegeben, einmal den großen Glücksgriff zu machen und in den richtigen Kreisen, Fuß zu fassen. Denn genau darauf kam es an. Die richtigen Kontakte. Und das kleine Quäntchen Glück, wofür es eine Menge Geduld bedarf. Also hatte sie beschlossen, klein anzufangen und zunächst Auftragsarbeiten für Freunde und Verwandte und deren Freunde und Verwandte getätigt. Die Anzahl ihrer Kunden war dementsprechend übersichtlich und bis auf ein, zwei Werke hatte sich ein echter Gewinn noch nicht eingestellt. Zumindest reichte es, um für regelmäßigen Materialnachschub zu sorgen, der ja – zugegebenermaßen – auch nicht wirklich günstig war. Um ihre Chancen zu steigern, müsste sie ihre Werke ausstellen. Dafür jedoch musste sie jemanden finden, der ihr diese Chance gab. Mal abgesehen von der Tatsache, dass dieser Umstand auch nicht völlig kostenfrei verlief. Die Möglichkeit, die Madame Mendez also anbot – so klein sie auch sein mochte – war eine Chance, die sie sich nicht entgehen lassen durfte. „Gute Idee, bin dabei.“, erwiderte Helena schließlich knapp und lächelte. Kleckern gehört zum Handwerk …, dachte sie bei sich. Und Rom wurde schließlich auch nicht an einem Tag erbaut. „Wie viele Werke dürfen wir denn ausstellen?“ Beth zuckte die Schultern. „Der Platz ist begrenzt, aber ich denke, dass auch nicht jeder die Chance nutzen wird. Ich glaube, zwei Bilder sollten machbar sein.“ „Gibt’s ein bestimmtes Thema?“, fragte Helena weiter. Beth schüttelte den Kopf und grinste. „Nein, hauptsache, es entstammt deinen eigenen Händen.“ Helena grinste breit. „Das kriege ich hin.“

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Fluch der Unsterblichkeit (Part I) "Racheengel"
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